Die indigenen Frauen stellen sehr schöne Tongefässe her

Peruanischer Amazonas: Sich des Kontext bewusst sein, den Menschen zuzuhören und ihr Wissen wertschätzen zu wissen. Wäre das der Schlüsselfaktor zur Unterstützung von Projekten?

Die indigenen Völker des Amazonas besitzen ein umfassendes Wissen über ihren Alltag. Sie wissen was es heisst, „autonom zu leben“. Doch die industrialisierte Welt betrachtet den Amazonas als ein riesiges Reservoir an natürlichen Ressourcen, aus dem man aus dem Vollen schöpfen kann, und sorgt dabei für weitreichende Veränderungen: massive Abholzung, Verschmutzung... all das hat einen Einfluss auf die unabhängige Lebensweise der indigenen Bevölkerung.

Zuhören

Für uns ist klar, dass sie Untersützung verdienen und im Besitz von enormen Fähigkeiten sind. Es geht darum, dass wir sie die Initiative ergreifen lassen und, falls wir es für richtig einschätzen, sie dabei zu unterstützen. Wenn uns eine Unterstützung nicht angemessen erscheint, sollten wir dies begründen können. Um Menschen einer anderen Kultur verstehen zu können, die in einem uns kaum bekannten Umfeld leben, ist es angebracht, Zeit mit ihnen zu verbringen und ihren Standpunkt sowie deren komplexe Situation verstehen zu lernen. Man sollte zuerst zuhören und versuchen, zu verstehen – das braucht seine Zeit.

Von den Landrechten zur Fischzucht

Am Anfang von Nouvelle Planete’s Tätigkeit im Amazonas war es einfach die Prioritäten der indigenen Völker zu kennen: Sie brauchten ihr Land um Überleben. Die Lösung war einfach: Unterstützung dabei, das Landrecht zu erhalten. Während 30 Jahren sammelte Nouvelle Planète Spenden, um den indigenen Völkern fünf Millionen Hektar Land - eine Fläche grösser als die Schweiz – zurückzugeben.

Nach der Anerkennung ihrer Ländereien wurde die Anerkennung ihres Wissens zum zweitwichtigsten Punkt für die indigenen Völker. Sie schlugen die Schaffung eines zweisprachigen Ausbildungs- und Kulturprogramms vor, um Lehrer auszubilden, damit sie in der Stammessprache und in Spanisch unterrichten können. Die Unterstützung dieses Projektes dauert jetzt seit 23 Jahren dank des Liechtensteinischen Dienstes für Entwicklungzusammenarbeit (LED).

Doch manchmal finden die Ureinwohner nicht auf alles eine Antwort. Gute Ideen können auch von aussen kommen. Dies ist bei den Familien-Fischzucht der Fall. Die BewohnerInnen des Amazonas waren ursprünglich keine Tierzüchter. Da sie viel Fisch essen waren sie schnell motiviert, die Fischzucht zu erlernen. Nun häufen sich die familiären Fischzuchtbetriebe. Der Schlüssel zum Erfolg ist ihre Motivation ohne die nichts zu erreichen wäre.

Damit man Menschen dazu verhelfen kann, sich selber zu helfen, ist es nötig, den Kontext und die damit einhergehende Komplexität zu verstehen, den Menschen zuzuhören und ihr Wissen wertzuschäten ohne dabei sein kritisches Denken abzulegen. Man muss ihnen ebenso zudem die Möglichkeit geben, selber die Initiative zu übernehmen. Und durch die Umsetzung von Projekten, die sie selber ausgewählt haben, erlangen sie Vertrauen in ihre Fähigkeiten, was sich als das Wesentlichste herausstellen kann.

Jérémy Narby

Übersetzt von David Schürch