Die Schulen sind hoffnungslos leer.

Myanmar - Zwei Jahre nach seinen letzten Projektbesuchen konnte der Verantwortliche unseres in Yangon ansässigen Koordinationsteams sich endlich wieder in die meisten Dörfer begeben und sich mit der Bevölkerung austauschen.

Die aktuelle Lage in Myanmar ist schwer einzuschätzen, zumal sie sich von Region zu Region stark unterscheidet. In unseren Interventionsgebieten, den Gemeinden Kalay und Tonzang im Nordwesten des Landes, sind die Spannungen zwischen den mit ethnischen Armeen verbündeten „Volksverteidigungskräften” und dem Militär immer noch besonders ausgeprägt. Das Militär will allen Widerstand brechen. Eine klarere Kampfansage gibt es kaum.

Die Bevölkerung leidet

„Im südlichen Teil der Gemeinde Kalay wurden viele Dörfer verwüstet und es wird von Übergriffen berichtet”, erzählt uns Htay*. „Die Zahl der Vertriebenen steigt stetig an – nach jüngsten Schätzungen sind es mehr als 10’000 Menschen. Die Dorfbewohner fliehen aus den umkämpften Gebieten und suchen Schutz in den Wäldern. Sie werden in eine totale Verwundbarkeit katapultiert: nicht genügend Nahrungsmittel, kein Zugang zu medizinischer Versorgung und ein aufgezwungenes Leben in notdürftigen Unterkünften. Die Regenzeit hat diese Notlage noch verstärkt. Nun befürchten wir, dass die Aussaat dieses Jahr nicht durchgeführt werden kann.”

Eine Hochrisikoreise

In diesem besonderen Kontext nutzte Htay*, unser Verantwortlicher in Yangon, die Gelegenheit, um in die Dörfer zu reisen, in denen wir in den letzten Jahren Projekte durchgeführt haben.

Die Vorbereitungen waren minutiös: vorheriger Austausch mit den Dorfbewohnern, Festlegung der Wegstrecken, um die militärischen Checkpoints möglichst zu vermeiden, und die tägliche Übermittlung des Standortes. Es galt, das Risiko so gering wie möglich zu halten. Die Tatsache, dass einer unserer Mitarbeiter in Kalay inhaftiert worden war, trug seinen Teil dazu bei, die Befürchtungen zu verstärken. Die täglichen Detonationen vor Ort halfen nicht die Ängste zu beruhigen, im Gegenteil. Dennoch konnte Htay* letztendlich zwei Drittel der realisierten Projekte besuchen. Das restliche Drittel befindet sich in Regionen, in denen Krieg herrscht. Ausserdem konnte er seinen Mitarbeiter in Empfang nehmen, nachdem dieser 15 lange Nächte in Haft in einem Militärlager verbracht hatte.

Im Notfallmodus

Htay* konnte sich ein genaues Bild von der Situation vor Ort machen. «Obwohl die Projekte, die ich besucht habe in gutem Zustand sind, musste ich bedauerlicherweise feststellen, dass die Schulen seit zwei Jahren nach wie vor geschlossen sind. Die Natur erobert sich dort ihre Rechte zurück. Leider scheint eine Rückkehr zur Normalität nicht absehbar zu sein. Derzeit befindet sich die Bevölkerung im Notfallmodus und es stellt sich die Frage, wie sie Tag für Tag überleben kann.»

„Meine Besuche hatten für die Dorfbewohner einerseits einen symbolischen Wert – er hat ihnen signalisiert, dass wir sie nicht vergessen haben. Zudem hat mein Besuch es ihnen ermöglicht, ihre Bedürfnisse zu äussern: Nahrungsmittel, Medikamente und Unterkünfte.” Derzeit läuft eine Nothilfeaktion, um die Schwächsten zu unterstützen: die Vertriebenen.

Xavier Mühlethaler

Übersetzt von Janine Teissl

*Aus Sicherheitsgründen wurde der Name abgeändert.